Erding Bürgerversammlung im Sepp-Brenninger-Stadion: Hochwasserschutz bleibt höchst umstritten

2022-08-20 11:52:37 By : Mr. MEI XIN

Die Gegner des Hochwasserschutzes mittels Mauern geben nicht auf. Im Gegenteil: Sie fahren neue Geschütze gegen die Pläne des Wasserwirtschaftsamtes auf. 

Erding - In der Bürgerversammlung am Montagabend im Sepp-Brenninger-Stadion geriet OB Max Gotz (CSU) fast ein wenig in die Defensive – auch weil er und die Stadt für die Sempt gar nicht zuständig sind.

Erstes Treffen seit eineinhalb Jahren

Mit Bürgerversammlungen hatte Erding zuletzt kein Glück. Die Letzte fand im Herbst 2020 in der Semptsporthalle statt, zwischen Lockdown I und II, die weiteren Termine mussten abgesagt werden. 2021 war gar keine Begegnung mit den Bürgern möglich. Im Januar 2022 setzte Gotz dann vorsichtig einen Termin an – infektionssicher im Mai im Fußballstadion. Doch die meisten Tribünenplätze blieben leer, was auch dem Gewitter geschuldet war, das zwei Stunden vor Beginn über Erding niedergegangen war. Es waren nur wenige, die miterlebten, wie Gotz aus der Bürgerversammlung eine durchaus aufwendig inszenierte Bühnenshow machte.

Zwei weitere Bürgerversammlungen sind geplant: nächsten Montag in der Stadthalle und dann noch eine für die nördlichen Stadtteile. Zur Erinnerung: In Erding gab es auch schon mal sieben dieser Bilanzveranstaltungen in einem Jahr, darunter je eine für Kinder und Senioren.

Gräben: Schutzkonzept im Juni im Stadtrat

Dass der Hochwasserschutz ein Thema der Bürgerversammlung werden würde, war wenig überraschend. Gotz erinnerte daran, dass das Wasserwirtschaftsamt (WWA) im August 2021 klargestellt hatte, die Pläne nicht mehr grundsätzlich zu ändern – also ein Beton- und Dammkorsett für die Sempt durch Altenerding und Langengeisling. Laut Gotz wird es demnächst ins Planfeststellungsverfahren gehen – zunächst für den Bereich Bergham, danach für Altenerding.

Für die Absicherung der Gräben im Süden Erdings ist indes die Stadt verantwortlich. Gotz versicherte, man sei ungewöhnlich früh ins Dialogverfahren mit den Bürgern eingestiegen, „und wir lassen auch jede Anregung prüfen, selbst wenn uns das 150 000 Euro an die Ingenieurbüros kostet“. Jetzt nimmt das Projekt Fahrt auf – knapp zehn Jahre nach dem jüngsten Hochwasser. Am 2. Juni, kündigte der OB an, befasst sich der Stadtentwicklungsausschuss mit den überarbeiteten Plänen, am 21. Juni soll der Stadtrat dann entscheiden.

Josef Stimmer von der Bürgerinitiative gegen den Mauerbau übte grundsätzlich Kritik an der WWA-Planung für die Sempt. Er erinnerte daran, „dass der Fluss Mitte der 50er Jahre verlegt worden sei – mit der Maßgabe, regelmäßig eine Bachauskehr durchzuführen“. Auch sei zum Schutz vor Überflutung festgelegt worden, die Brücken immer vor Verklausung zu schützen und die Wehre im Hochwasserfall zu öffnen. „Bei allen drei Punkten gab es 2013 Versäumnisse, die mit zur Katastrophe beigetragen haben“, so Stimmer. Er bat Gotz, beim Freistaat die Unterlagen einzufordern, in denen die Schutzmaßnahmen fixiert wurden. „Die sind unauffindbar, hören wir“, ärgerte sich Stimmer.

Die Ardeobrücke werde nun das Ende einer Talsperre, gebildet auch aus den geplanten Schutzmauern. „Das nächste Hochwasser wird noch höhere Schäden anrichten“, warnte der BI-Vertreter.

Sein Mitstreiter Anton Bichlmeier empörte sich, dass die BI staatlicherseits nicht ernstgenommen werde. Die vor einem Jahr beim Landtag eingereichte Petition sei immer noch nicht behandelt worden. „Und das Wasserwirtschaftsamt hat uns einen Runden Tisch versprochen, der nie anberaumt wurde.“ Gotz sagte zu, diesbezüglich nachzuhaken.

Weiter informierte Bichlmeier, dass aus der BI mittlerweile ein Verein geworden sei – „Naturnaher und dezentraler Hochwasserschutz Sempt e. V.“ Man werde sich weiter um Informationen bemühen und die Bürger in eigenen Veranstaltungen aufklären. An den OB und die Stadträte appellierte er: „Werden Sie aus Solidarität Mitglied – für zwölf Euro im Jahr.“ Alle Experten außerhalb des WWA verträten die Auffassung, dass es andere, bessere Lösungen gebe, „und um die kämpfen wir“, so Bichlmeier. Man sei durchaus für Schutzmaßnahmen.

Vereinsvorsitzender ist Rainer Hörl. Er betonte: „Wir wollen Verbesserungen vor dem Planfeststellungsverfahren. Denn wenn wir unsere Einwände erst dann vorbringen, vergeht wieder viel Zeit, mehrere Jahre.“

Angesichts der explodierenden Bau- und Rohstoffpreise ist nach Auffassung Hörls „der lineare Ausbau der Sempt sicher nicht mehr die wirtschaftlichste Variante“.

Ortssprecher Georg Bichlmaier sagte, der Mauerbau „wird die grüne Lunge Erdings zerstören“. Dann ging er Gotz direkt an: Der habe in einer Bürgerversammlung gesagt, einen Mauerbau werde es mit ihm nicht geben. Was dieses Wort noch wert sei, wollte er vom OB wissen. Der konterte, der Staat habe sich anders entschieden. „In einer Demokratie muss man das akzeptieren.“

Parkstraße als Einbahnstraße?

Florian Mösl, Anwohner der Parkstraße, regte an, aus dieser und der Pfarrer-Fischer-Straße aus Gründen der Verkehrsberuhigung einen Einbahnring zu machen. Gotz erklärte: „Wenn genügend Anwohner dafür sind, kann man das prüfen.“

Helga Obermaier verlangte mehr kommunales Engagement für Altenerding-Süd. „Auch hier gibt es viele alte Menschen, die Gemeinschaft suchen.“ In Klettham-Nord sehe man, was alles möglich sei. Altenerding sei regelrecht abgehängt. Dem widersprach Gotz mit Verweis auf die Schul-, Sport- und Kita-Infrastruktur. Allerdings gab er Obermaier recht, dass eine Vitalisierung auch wegen fehlender Wirtshäuser wünschenswert wäre. Immerhin gebe es das evangelische Gemeindezentrum an der Wendelsteinstraße. Die Stadt könne sich aber „gut vorstellen“, das erfolgreiche Quartiermanagement Klettham-Nord auch in den Süden der Stadt zu tragen.

Marianne Siebauer bat die Stadt, den Gehweg entlang der Landgerichtstraße zu sanieren. Der werde – auch durch die Baustellen – immer schiefer. Es sei nicht einfach, sich auf ihm stolperfrei zu bewegen, zumal es auf der Seite der Sempt nur zum Teil einen Gehweg gebe. Gotz will das vom Stadtbauamt prüfen lassen, sagte er zu. ham

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